1. Hinterfrage deine Überzeugungen/Glaubenssätze:
Spürst du Wut, Trauer oder Enttäuschung in dir aufwallen? Dann schick deine Aufmerksamkeit sofort zu deinen Gedanken: Was denkst du gerade? Welche Sätze gehen dir durch den Kopf? Denn diese Sätze lösen deine Gefühle aus. Und dann stell dir folgende Fragen:
Ist mein Gedanke wahr?
Kann ich mir absolut sicher sein, dass er wahr ist? Dass das genauso stimmt?
Wie reagiere ich, was passiert, wenn ich diesen Gedanken glaube?
Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?
Dieses Fragen sind aus Byron Katies Methode “The Work”. Sie können dir helfen, fest verankerte Überzeugungen zu lösen. Dadurch wirst du innerlich ruhiger.
Wir gehen es an folgendem Gedanken mal zusammen durch: “Jetzt habe ich doch meiner Tochter eben eine tolle Geschichte vorgelesen – da muss sie doch jetzt ohne Theater ins Bett gehen”
Frage 1: Ist das wahr? Muss meine Tochter ohne Theater ins Bett? – Hm, ist das ein Naturgesetz? Wo steht das denn?
Frage 2: Kann ich mir absolut sicher sein, dass meine Tochter ohne Theater ins Bett muss? – Hm, nee. Da kann ich mir nicht sicher sein.
Frage 3: Wie reagiere ich, wenn ich fest davon überzeugt bin, dass mein Kind ohne Theater ins Bett muss? – Wenn ich fest davon überzeugt bin, dann werde ich sauer auf meine Tochter. Und jetzt spür mal in dich hinein – welche Gefühle zeigen sich jetzt?
Frage 4: Wer wäre ich, wenn ich das nicht denken würde? – Da wäre ich entspannter, da ich feststelle, dass ihr Theater nichts mit mir persönlich zu tun hat. Und auch nicht mangelnden Respekt oder Wertschätzung ausdrückt. Und jetzt spür wieder in dich hinein – welche Gefühle zeigen sich jetzt?
2. Prüfe deinen Blick auf dein Kind:
Mich hat eine Feststellung von Marshall B. Rosenberg sehr beeindruckt und viel in mir in Gang gesetzt. Rosenberg hat folgendes beschrieben: Viele Erwachsene bringen Kindern weniger Respekt entgegen als anderen Erwachsenen. Denn Kinder sind ja “nur” Kinder. Mit ihnen wird ungeduldiger gesprochen, mehr “von oben herab”, respektloser, weniger mitfühlend usw. (Wenn es dich interessiert, kannst du mehr hierzu in folgendem Buch lesen: M.R. Rosenberg “Kinder einfühlend ins Leben begleiten”) Achte doch mal darauf. Wie ist das bei dir? Bringst du den Bedürfnissen und Wünschen deines Kindes das gleiche Verständnis entgegen, wie bei deinem Nachbarn, deinem Kollegen, deinem Partner usw.?
3. Sieh die Welt durch die Augen deines Kindes:
Du hast ja im vorherigen Kapitel schon etwas über Bedürfnisse gelesen. Nun versuche, dir vorzustellen, welche dein Kind wohl aktuell hat. Die grundlegenden körperlichen Bedürfnisse wie Hunger, Schlaf usw. sind bestimmt versorgt.
Und jetzt – in diesem Alter – kommen die psychischen Bedürfnisse mit aller Kraft hervor und wollen sofort und auf der Stelle erfüllt werden. Erinnere dich bitte: Gefühle geben den Hinweis, wie es um die Befriedigung der Bedürfnisse steht. Und da viele Wünsche und Anliegen nicht erfüllt werden, wird dein Kind nun von Wut, Trauer, Enttäuschung usw. überrollt. So etwas wie “Verlangen und Wünsche aufschieben” und “Gefühle regulieren” lernt es erst Stück für Stück in den nächsten Jahren.
Wenn also dein Nachwuchs das nächste Mal schreiend auf dem Boden des Supermarktes liegt, erinnere dich an diesen Artikel. Es will dich nicht ärgern. Es will auch keine Machtkämpfe mit dir führen. Wahrscheinlich ist es gerade ganz verzweifelt, weil seine Wünsche und Entscheidungen nicht berücksichtigt werden. Nun braucht es deine Unterstützung und dein Verständnis. Denn dann lernt dein Kind, dass zwar nicht alle Bedürfnisse (sofort) erfüllt werden können – dass es aber mit diesen gesehen und ernst genommen wird. Und wir wollen alle gesehen und ernst genommen werden!
Wichtig: Damit meine ich jetzt nicht, dass du immer alle Wünsche erfüllen und dem Schreien und Toben nachgeben sollst! Denn dann stellt dein Kind fest, dass Schreien und Toben eine gute Strategie sind, sich durchzusetzen. Und diese Strategie wird es dann immer wieder ausprobieren.
4. Entschuldige dich, wenn du doch mal ausgeflippt bist:
Hey, wir sind alle keine Heilige. Es wird immer mal wieder eine Situation geben, in der du dich nicht so verhältst, wie du es dir selber wünschst. Was wäre dir denn in einer vergleichbaren Situation wichtig? Wahrscheinlich täte es dir gut, wenn sich der andere bei dir entschuldigt, oder? Dann mach das auch bei deinem Kind. Bleib dabei bei dir und deinen Gefühlen. Erklär das deinem Sprössling – ohne ihm Vorwürfe dafür zu machen, dass du sauer geworden bist.
5. Achte auf dich selber und geh liebevoll mit dir um
Kümmere dich auch um deine eigenen Bedürfnisse und dein Wohlbefinden. Denn wenn du ausgeglichen und zufrieden bist, kannst du viel leichter eine positive und unterstützende Umgebung für dein Kind schaffen. Selbstfürsorge ist nicht selbstsüchtig; sie ist eine notwendige Grundlage für eine gesunde Eltern-Kind-Beziehung.
Vor allen Dingen bist du auch hier ein Vorbild: Wenn du gut für dich sorgst, lernt dein Kind, dass Selbstfürsorge ein wertvoller Teil des Lebens ist. Es begreift, dass es wichtig ist, auf die eigenen Gefühle zu achten und sich selber Gutes zu tun. Dadurch entwickelt dein Kind ein gesundes Verhältnis zu seinen Bedürfnissen. Indem du dir selbst Wertschätzung und Liebe entgegenbringst, zeigst du deinem Kind, wie es das auch für sich tun kann.
Und es gibt noch einen wichtigen Grund, weshalb du selber für deine Bedürfnisse und Zufriedenheit sorgen solltest: Dann hast du nicht die große Erwartung, dass jemand anderes – auch nicht dein Kind – das für dich macht. Denn Erwartungen bauen Druck auf. Nimmst du deine Erwartungen (und Forderungen) zurück, entspannt sich die Stimmung zwischen euch. Versprochen!